
Ist dein Pornokonsum noch normal oder bist du süchtig? Wir werfen hier einen genaueren Blick auf das Thema Pornosucht, um zu verstehen, was sie ausmacht, wie sie sich äußert und welche Auswirkungen sie auf dein Wohlbefinden haben kann.
Pornos: Von der Schmuddelecke ins Büro

Die Schmuddelecke in der Videothek, in der die „Erwachsenenfilme“ angeboten wurden, hat absolut ausgedient. Porno ist salonfähig geworden und hat viel von dem alten Image abgelegt. Umfragen zufolge sind Pornos und pornografische Inhalte unter den Deutschen ausgesprochen beliebt: 20 % der Männer und 13 % der Frauen konsumieren erotische Inhalte sogar im Büro während der Arbeitszeit.
Durch das Internet steht einem jederzeit dir komplette Fülle an Filmen, Bildern und Büchern zur Verfügung. Das Interesse an Pornos kann nicht an einer bestimmten Alters- oder Personengruppe festgemacht werden. Vielmehr ist es so, dass sich sehr viele Menschen dafür interessieren: Täglich werden 68 Millionen Suchanfragen rund um das Thema Pornografie gestellt – das ist ein Viertel der gesamten Suchanfragen.
Pornosucht: Was ist das?

Wie bei allen Genussmitteln (Wir gehen jetzt mal davon aus, dass ein Porno als solches gilt) gibt es Nutzer, deren Konsum verantwortungsvoll stattfindet, aber auch Konsumenten, die im Laufe der Zeit in eine Abhängigkeit rutschen. Pornosucht stellt also eine Störung dar, die in den letzten Jahren massiv zugenommen hat.
Da Pornografie aber ein Tabu-Thema darstellt, ist die Scham sehr groß und Betroffene leiden oftmals im Stillen. Wissenschaftlich gesehen ist die Pornosucht kein eigenständiges Krankheitsbild. Sie ist laut WHO (Weltgesundheitsorganisation) vielmehr eine Variante einer Störung mit zwanghaft sexuellem Verhalten. Da der Begriff Pornosucht das Verhalten aber recht gut beschreibt, wird er in diesem Kontext normalerweise verwendet.
Betroffene Personen können den Konsum nicht mehr kontrollieren. Dieser Kontrollverlust kann massive Folgen auf die soziale, mentale und körperliche Gesundheit haben. So kann sich die Pornosucht beispielsweise durch Probleme am Arbeitsplatz/in der Schule oder in Beziehungsproblemen äußern.
Deutschland ist Weltmeister

Laut Statistiken zum Pornokonsum ist Deutschland ganz oben auf dem Treppchen: Mit 12,4 % der weltweit abgerufenen pornografischen Daten liegen wir noch vor Spanien auf Platz Zwei und Großbritannien auf Platz 3.
Hierzulande gaben etwa 90 % der Männer an, gelegentlich pornografische Inhalte zu konsumieren. Bei den Frauen sind es zwar weniger, aber immerhin die Hälfte zeigt auch hier Interesse. Doch der gelegentliche oder auch regelmäßige Pornokonsum führt noch lange nicht zur Pornosucht.
Erotische Filme, heiße Magazine oder sinnliche Geschichten können durchaus ihren Reiz haben. Viele Paare suchen hier Inspiration für das eigene Sexleben oder wollen tiefer in Fantasien eintauchen, die mit dem Partner/der Partnerin nicht ausgelebt werden können.
Aus Lust wird Frust

Viele Männer haben ein größeres Verlangen als die Partnerin. Heiße Filme mit sexy Darstellerinnen bieten hier eine Alternative zur Untreue. Auch hier kann die überschüssige sexuelle Energie abgebaut werden. Was anfangs ganz harmlos beginnt und viel mit Neugier zu tun hat, wird für etwa 3- 5 % der Männer zu einem echten Problem.
Die Häufigkeit des Konsums nimmt innerhalb kurzer Zeit stark zu, auch die Inhalte werden immer heftiger. Aber das allein reicht noch nicht aus, eine Pornosucht zu diagnostizieren. Damit tatsächlich eine krankhafte Störung vorliegt, muss ein gewisser Kontrollverlust vorhanden sein.
Es ist nicht unbedingt die Anzahl und die Art der Pornos ausschlaggebend, sondern kommt darauf an, wie zwanghaft das Verhalten stattfindet. Weitere Kriterien für die Diagnose Pornosucht können folgende Umstände sein:
- Probleme in der Partnerschaft: Betroffene erleben es oft, dass der eigene Partner/die Partnerin nicht mehr genügend Reize für eine sexuelle Erregung bieten können. Auch kann es zu ständigen Konflikten aufgrund des hohen Pornokonsums kommen, welche die Beziehung massiv beeinträchtigen können.
- Soziales Leben kommt zu kurz: Oft passiert es, dass sich Betroffene deutlich von sozialen Leben zurückziehen. Wenn vor der Erkrankung Familie, Freunde und Hobbys eine zentrale Rolle im Leben gespielt haben, nimmt nun die Sucht den größten Teil ein.
- Schwierigkeiten im Alltag und Job Unpünktlichkeit, Unzuverlässigkeit und Gereiztheit haben sehr negative Auswirkungen auf das Alltagsleben der Süchtigen. Sie sind in vielen Fällen nicht mehr in der Lage, ihre Aufgaben sorgfältig zu erledigen, vernachlässigen die Arbeit, das Studium oder die Schule und sind mit ganz alltäglichen Aufgaben überfordert
Es kann sogar vorkommen, dass die Pornosucht nicht nur Auswirkungen aus das Soziale Leben und die psychische Gesundheit hat. Auch körperliche Symptome sind keine Seltenheit. Schmerzen können hierbei im ganzen Körper auftreten.
Da es sich um eine Suchterkrankung handelt, geht sie in den meisten Fällen mit einem hohen Leidensdruck einher. Betroffene wünschen sich oft ein „normales“ Leben zurück und sehnen sich nach der Befreiung aus der Abhängigkeit.
Pornosüchtig? Was ist zu tun?

Stellen Betroffene eine krankhafte Veränderung des Konsums fest, sollten sie sich zuerst an eine Suchtberatungsstelle oder einen Psychologen wenden. Im Gespräch mit erfahrenen Therapeuten kann die richtige Strategie zum Ausstieg aus der Abhängigkeit gefunden werden.
Die möglichen Angebote umfassen eine Verhaltenstherapie, eine Gruppentherapie oder alternative Herangehensweisen. Leider fehlen bisher große und tiefgreifende Studien zu Pornosucht und deren Behandlungsmöglichkeiten. So ist aktuell noch keine klare Aussage zu treffen, ob Betroffene den Konsum nur kontrollieren lernen müssen oder komplett darauf verzichten sollten.
Selbsthilfegruppen können auch hier eine gute Möglichkeit sein, den Weg aus der Abhängigkeit zu finden. Vielen Suchtkranken hilft es bereits enorm, zu wissen, mit dem Problem nicht allein zu sein.
Dennoch sollte mit professioneller Hilfe der Auslöser hinter dem überzogenen Verlangen nach Pornos gesucht werden. So besteht die Chance auf Heilung. Pornosucht entsteht meist über einen Zeitraum von Monaten oder sogar Jahren und hat ihren Ursprung oder Auslöser in einer anderen Problematik. Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit einer Pornosucht erhöhen können sind:
- Traumatische Erlebnisse in der Vergangenheit
- Negativ geprägte Erlebnisse in der eigenen Sexualität
- Impulsive und/oder ängstliche Persönlichkeit
- Probleme, negative Empfindungen wie Wut, Trauer und Angst zu verarbeiten
- Erkrankungen wie z.B. Depression oder andere Suchterkrankungen
Natürlich führen diese Risikofaktoren nicht automatisch zu einer Abhängigkeit von pornografischen Inhalten. Vielmehr ist es das Zusammenspiel diverser, teilweise noch undefinierter, Anteile entscheidend.
Auch wenn das Thema Abhängigkeit von Pornos noch nicht die Aufmerksamkeit erhält, die es sollte, wird der übermäßige Pornokonsum als Sucht immer häufiger beim Namen genannt. Es ist wichtig Suchterkrankungen häufiger zu thematisieren, aufzuklären und Alternativen aufzuzeigen.
So sollten Schüler in der Mittelstufe in Sexualkunde nicht nur über anatomische und biologische Fakten aufgeklärt werden. Ebenso ist es wichtig dafür zu sorgen, dass sich ein gesundes Verhältnis zur eigenen Sexualität entwickeln kann. Auch ist es unbedingt notwendig, klarzustellen, dass das sexuelle Verhalten, die Sexpraktiken und die Geschlechterrollen in Sexfilmen nicht automatisch der Realität entsprechen müssen.
Licht- und Schattenseiten der Pornoindustrie

Pornofilme, Sex-Hefte und andere pornografische Darstellungen sind nicht generell zu verteufeln. Es ist vielmehr angebracht, einen gesunden Umgang damit in der Gesellschaft zu verankern. Dazu gehört eben auch, dass der Konsum bewusst stattfindet und nicht als Kompensationsstrategie für andere Probleme verwendet wird.
Stilvolle Sexfilme können beispielsweise auch viel neuen Wind in eine etwas eingeschlafene Beziehung bringen. Es kann durchaus lustvoll sein, sich die Aufnahmen allein oder gemeinsam anzusehen. Erotische Filme oder Bücher lassen sich ganz wunderbar ins Vorspiel integrieren und können so für ein gesteigertes Verlangen und mehr Spaß im Bett sorgen.